Vertragsstrafen: Übersicht und Tipps
Fast jeder Bauvertrag beinhaltet eine Klausel über Vertragsstrafen. Es gibt allerdings Fälle, die so eine Klausel unwirksam machen, was zur Folge hat, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf eine Vertragsstrafe erheben kann. Es herrscht oft Unsicherheit beim Thema Vertragsstrafen, weshalb wir dieses Gebiet nun etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Was ist eine Vertragsstrafe?
Wie die meisten Strafen soll auch die Vertragsstrafe den Auftragnehmer dazu motivieren, die im Vertrag festgehaltenen Leistung ordnungsgemäß zu erbringen sowie Termine und Fristen einzuhalten. Eine vertragliche Strafe wird zumeist am Auftragswert bemessen und kann auch dann eingefordert werden, wenn es zwar zu Verzögerungen gekommen ist, aber grundsätzlich kein Schaden dabei entstand. Die Strafen sind schriftlich im Vertrag geregelt oder können gesondert vereinbart werden. Schriftlich vereinbarten Strafen können in Verträgen nach BGB und der VOB/B enthalten sein.
Sind willkürliche Vertragsstrafen erlaubt?
Nein, natürlich gibt es auch bei Vertragsstrafen Regelungen. Diese dürfen beispielsweise nicht sittenwidrig sein. Am besten erklärt man das anhand eines Beispiels:
Eine sittenwidrige Strafe wäre es, wenn der Auftraggeber eine zu hohe pauschale Vertragsstrafe ansetzt, sich dabei völlig bevorzugt bzw. dem Subunternehmer eine unangemessene Benachteiligung widerfährt und die Strafe bereits einen Tag nach Überschreitungsfrist einfordert oder wenn nur ein einziger bedeutungsloser Mangel auftritt. Ebenso als unwirksam gelten solche Strafen, wenn der Subunternehmer durch das Verschulden eines Dritten (z. B. durch die mangelhafte Vorleistung eines anderen Subunternehmers) in Verzug gerät.
Überziehung des Fertigstellungsdatums
Wie bereits erwähnt, hält man eine Strafe vertraglich fest, damit Auftragnehmer Bauprojekte fristgerecht fertigstellen. Dabei ist es egal, ob es sich um Elektroinstallationen, HKLS-Installationen oder der Inbetriebnahme von Maschinen handelt. Verschuldet der Subunternehmer den Verzug und verschiebt sich der vertraglich vereinbarte Fertigstellungstermin nach hinten, können Vertragsstrafen drohen. Eine Vertragsstrafe muss man immer ausdrücklich vereinbaren, auch wenn es sich um einen Vertrag nach der VOB/B handelt.
Wie hoch darf eine Strafe sein?
Ist eine Vertragsstrafen-Klausel in den AGB des Arbeitgebers festgehalten und benachteiligt sie den Subunternehmer unangemessen, ist diese ungültig. Die Strafe darf bestimmte Grenzen nicht übersteigen, nein, sie muss sogar doppelt begrenzt sein. Das bedeutet, die Gesamthöhe der Vertragsstrafe darf sowohl 5 Prozent der Auftragssumme als auch 0,2 bis 0,3 Prozent der Auftragssumme pro Tag nicht überschreiten. Eine vertragliche Strafe in Höhe von 0,6 Prozent der Auftragssumme pro Tage wäre also ungültig. Wichtig ist auch, dass die schriftlich vereinbarten Strafen bei Zwischenfristen nur den Teilwert des Auftragswertes betreffen. Ansonsten ist die Vertragsstrafe ebenso unwirksam. Ist ein Subunternehmer unsicher bezüglich einer Vertragsstrafen-Klausel, kann er diese durchaus durch seinen Rechtsbeistand prüfen lassen.
Kann ein Auftraggeber sich die Vertragsstrafe vorbehalten?
Gibt es einen vertraglich festgelegten Fertigstellungstermin und eine die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, muss diese bei der Abnahme vorbehalten werden. Macht man das nicht, hat der Auftraggeber später kein Recht, eine Vertragsstrafe nach Abnahme einzufordern. Nach Rechnungslegung hat der Auftraggeber maximal 12 Tage Zeit, die Abnahme mit Vorbehalt durchzuführen, damit dieser noch Anspruch auf eine vertragliche Strafe hat. Ansonsten verfällt der Anspruch.
Wann verstoßen Strafen gegen das AGB-Recht?
Schriftlich vereinbarte Strafen im Rahmen des AGB-Rechts dürfen nicht schwammig formuliert sein und gelten als unwirksam, wenn die Auftragnehmer den Verzug oder den Schaden nicht selbst verschuldet haben. Die rechtskonforme Formulierung für Strafen nennt man dann verschuldungsunabhängig. Sie sind unwirksam. Nachvollziehbar, denn man zahlt auch nicht für den Schaden bei einem Autounfall, bei dem man nicht beteiligt war. Weiters ist die Vertragsstrafe auch nur dann AGB konform, wenn die Grenzbeträge eingehalten werden.
Wann kann eine Vertragsstrafe dem Schadensersatz angerechnet werden?
Zum einen muss lt. der VOB die Vertragsklausel sauber und transparent AGB- und VOB-konform geschrieben sein. Ist diese schwammig, kann man sie als unwirksam geltend machen. Werden aber alle Vorgaben eingehalten und hat der Auftragnehmer tatsächlich den entstandenen Schaden verursacht, kann man die Vertragsstrafe dem Schadensersatz anrechnen. Beachtet wird dabei, dass der Auftraggeber sich dabei nicht gesetzeswidrig bereichert. Der Auftraggeber erhält eine fixe Vertragsstrafe inklusive Schadensersatz nur als Ausgleich. Ist der Schaden größer als die Vertragsstrafe, kann der Auftraggeber verlangen, dass der darüber hinaus entstandene Schaden ebenso vom Auftragnehmer ersetzt wird.
Verzögerung der Bauzeiten
Kann der Bauzeitenplan vom Subunternehmer nicht ein gehalten werden, weil die Vorleistungen des Vorunternehmens nicht rechtzeitig fertig oder mangelhaft waren, hat der Auftraggeber keinen Anspruch auf eine Vertragsstrafe. Voraussetzung ist die rechtzeitige Bekanntmachung durch eine Behinderungsanzeige des Subunternehmers. Die VOB sieht in so einem Fall eine Verlängerung der Ausführungs- bzw. Fertigstellungsfristen vor.
Vertragsstrafen nach der VOB
Natürlich planen Auftraggeber und Architekt die verschiedenen Leistungsphasen exakt und wollen darüber hinaus keine Verzögerungen, die den Fertigstellungstermin nach hinten verschieben. Deshalb vereinbaren die meisten Auftraggeber Vertragsstrafen. Nicht ausreichend ist es, sich im Vertrag auf die Vertragsstrafen der VOB zu berufen. Die VOB sieht nämlich explizit eine separate vertragliche Vereinbarung zum Thema Vertragsstrafen vor.
Festgehalten sind nur einzelne Punkte: Auszug aus der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B.
- § 11 Nr. 2 VOB/B: Vertragsstrafen werden fällig, wenn der Auftragnehmer mit seinen Arbeiten nicht fristgerecht fertig wird. In diesem Fall liegt eine verschuldensabhängig vereinbarte Vertragsstrafe vor; der Verzug muss jedoch ausdrücklich vorab als Vertragsstrafe vereinbart werden, siehe § 339 BGB.
- § 11 Nr. 3 VOB/B: Wird die Vertragsstrafe nach Tagen bemessen, zählen nur die Werktage. Wird die Berechnung der Strafe anhand von Wochen festgelegt, wird jeder Werktag als 1/6 Woche gerechnet.
- § 11 Nr. 4 VOB/B: Nach der Abnahme der Leistung kann der Auftraggeber die Strafe nur verlangen, wenn er sich dieses Recht bei der Leistungsabnahme vorbehalten hat. Tut er dies nicht, kann er keine Vertragsstrafe mehr geltend machen. Nach § 12 Abs. 5 VOB/B erklärt man den Vorbehalt innerhalb der dort genannten Frist
Berechtigte Einwände gegen eine Vertragsstrafe
Soll der Subunternehmer eine vertraglich festgelegte Strafe zahlen, weil er in Verzug gekommen ist, kann dieser berechtigte Einwände haben und diese auch erheben.
Es ist fraglich, ob die Vertragsstrafe wirksam ist, wenn man sie schwammig vereinbart. Hinzu kommt, dass sich der Auftraggeber im Endeffekt auch selbst durch Vertragsstrafen mit lächerlichen Überschreitungsfristen belastet. Weiters können die Einwände eines Subunternehmers substanziell sein, wenn die vertragliche Strafe nicht mit den AGB konform geht. Der Anspruch der Vertragsstrafe wird ebenso in Zweifel gezogen, wenn der Subunternehmer die Verzögerung nicht verschuldet oder der Bauleiter Zeitpläne oft verändert hat, dass Vertragsstrafregelungen überholt sind. Hinzu kommt, dass der Bauleiter den Subunternehmer bei Bauzeitänderungen rechtzeitig abmahnen muss. Ist dies nicht der Fall, kann das ein berechtigter Einwand gegen Vertragsstrafen sein.
Fazit
Schriftlich vereinbarte Strafen werden oft als Druckmittel verwendet, die fristgerechtes Arbeiten garantieren und die Fehlerquote reduzieren sollen. Bauunternehmen, die Klausel zu Strafen in ihre Verträge einfließen lassen, sollten diese klar und unmissverständlich formulieren. Idealerweise lässt man diese Klausel von einem Rechtsexperten überprüfen, um festzustellen, ob sie AGB konform und nicht sittenwidrig ist.
Als Subunternehmer sollte man sich unbedingt mit der Behinderungsanzeige auseinandersetzen, denn diese kann im Ernstfall eine Vertragsstrafe sogar verhindern. Als Subunternehmen also lieber zweimal hinsehen und vorab den Vertrag genauestens prüfen und kontrollieren lassen.