Mängelrüge – alles, was Sie dazu wissen müssen
Es kommt immer wieder vor, dass Leistungen oder gelieferte Waren nicht den vereinbarten oder gewöhnlichen Zustand aufweisen. Verkäufer sind jedoch zu mangelfreier Lieferung oder Übergabe verpflichtet. Eventuelle Mängel haben deswegen Folgen. Privatkäufer genießen automatisch gesetzlichen Gewährleistungsschutz – Unternehmen jedoch nicht.
Bei privaten Käufen gelten zur Gewährleistung die Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Liegt ein beidseitiger Handelskauf vor – ein Geschäft direkt zwischen Kaufleuten oder Unternehmen –, liefert alternativ das Handelsgesetzbuch (HGB) die Rechtsgrundlage zur Behandlung von Mängeln.
Auch das österreichische Recht kennt für Käufe zwei Gesetzesgrundlagen: das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) für privat und das Unternehmensgesetzbuch (UGB) für Geschäfte zwischen Unternehmen. Dieses fordert genau wie in Deutschland die Mängelrüge zur Gewährleistung bei Handelskäufen.
Was ist eine Mängelrüge?
Die Mängelrüge oder -anzeige stellt eine rechtliche Obliegenheit des Käufers gegenüber dem Verkäufer dar. Sie ist wesentlich bei allen zweiseitig unternehmensbezogenen Geschäften, um vertragliche oder allgemeine Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können.
Die Regelung gilt für:
- alle Kaufleute im Sinne des §1 HGB
- alle Unternehmen durch Rechtsform nach §2 HGB
- Unternehmer kraft Eintragung (§3 HGB)
- Freiberufler
- Forst- und Landwirte
Dabei begrenzt sie sich auf unternehmensbezogene Geschäfte. Diese liegen bei den Genannten in aller Regel vor. Gesellschaften können ohnehin keine privaten Geschäfte abschließen. Bei Einzelkaufleuten oder Freiberuflern kann ein Kauf jedoch auch private Natur annehmen. Damit entfällt die Mängelrüge und es gilt die gesetzliche Gewährleistung.
Welche Pflichten und Vorgaben müssen bei einer Mängelrüge beachtet werden?
Maßgeblich für die Mängelrüge in Deutschland ist § 377 HGB. In Österreich gelten dafür die §§ 377 und 378 UGB. Das deutsche Handelsrecht stellt dabei drei Forderungen:
- an die Unverzüglichkeit einer Untersuchung gelieferter Waren,
- an den Umfang solcher Untersuchungen und
- an die Unverzüglichkeit der Mängelanzeige
Dadurch beginnt die Rügefrist sofort nach Warenlieferung oder Dienstleistungsende. Eine Untersuchung muss unmittelbar – ohne schuldhaftes Zögern – erfolgen und weiter einem gewöhnlichen Umfang entsprechen. Für Maschinen beispielsweise beinhaltet dieser einen Probebetrieb. Bei großen Stückzahlen genügen Stichprobenprüfungen der Lieferung.
Offene und versteckte Mängel
Eine entsprechende Überprüfung kann nur offene Mängel zeigen: beschädigte Waren oder falsche Ausführungen und Farben. Dabei begründen aber nicht nur offenkundige Mängel den Beginn der Rügefrist. Es genügt der Umstand, dass ein Mangel bei einer sorgfältigen Untersuchung hätte erkannt werden können.
Bei versteckten Mängeln wie schwachen Lötstellen oder fehlerhaften Schraubverbindungen gelingt eine Entdeckung trotz aller Sorgfalt jedoch meist nicht sofort. Hier beginnt die Anordnung zur unverzüglichen Mängelanzeige erst mit Kenntnisnahme des Fehlers.
Unverzüglich handeln bei Mängelrüge: Was bedeutet das konkret?
Der Begriff der Unverzüglichkeit lässt einigen Interpretationsspielraum. So können Unternehmen gemäß Rechtsprechung selbst in Zeiträumen von bis zu 14 Tagen noch unverzüglich handeln, wenn sie diese längere Reaktionszeit zum Beispiel durch ein hohes Geschäftsaufkommen oder große Mitarbeiterausfälle begründen.
Jedoch spielt ebenso die Beschaffenheit der Ware eine wichtige Rolle, wenn Unverzüglichkeit beurteilt werden muss. Bei verderblichen Waren reduziert sich der tolerierte Handlungsspielraum für eine gültige Mängelrüge deutlich auf wenige Tage oder sogar nur ein paar Stunden – für die Prüfung und die Übermittlung der Mängelrüge.
Das österreichische Recht weicht hier kaum von der deutschen Regelung ab. Das UGB nutzt den Begriff „angemessen“ anstelle von „unverzüglich“, meint aber am Ende das Gleiche. Auch in Österreich gelten Fristen von bis zu zwei Wochen für gewöhnlich noch als angemessen oder unverzüglich.
So wird eine Mängelrüge erstellt
Von Seiten des Gesetzgebers gibt es keinerlei Vorgaben für Abgabe oder Form einer Mängelrüge. In der Praxis ergeben sich aber schnell wesentliche Punkte für die wirksame Abgabe einer Mängelrüge – allen voran Schriftform und dabei eine genaue Beschreibung der Mängel oder Lieferabweichungen in Form und Umfang. Pauschalrügen genügen nicht.
Käufer sollten vorab immer ein Blick in AGB, Liefer- oder Vertragsbedingungen der Dienstleister oder Verkäufer werfen. Hier können Verkäufer selbst Vorgaben zur wirkungsvollen Abgabe einer Mängelrüge machen, die dann zwingend einzuhalten sind.
Zu solchen individuellen Anforderungen zählen beispielsweise Vorgaben zur Abgabe von Mängelanzeigen nur an bestimmte Personen oder Abteilungen mit der direkten Zuständigkeit für diesen Bereich.
Was passiert nach einer erfolgreichen Mängelrüge?
Eine erfolgreiche Mängelrüge beziehungsweise eine Mängelanzeige nach den gesetzlichen Vorgaben eröffnet verschiedene Gewährleistungsansprüche:
- Umtausch
- Mängelbeseitigung
- Rücktritt vom Kaufvertrag oder
- Kaufpreisminderung und eventuell
- Schadensersatz
Im Einzelnen können Vertragsbedingungen oder die Beschaffenheit von Waren und Dienstleistungen diese Ansprüche einschränken. Für verderbliche Waren kommen Umtausch oder Rücktritt vom Kaufvertrag infrage. Gleiches gilt für Güter wie kleinere Maschinen. Hier kann auch der Kaufpreis nachträglich gemindert werden.
Bei Baumängeln entsteht zunächst ein Anspruch auf Nachbesserung innerhalb angemessener Fristen. Erst danach besteht die Möglichkeit von Preisminderungen oder Schadensersatzforderungen.
Folgen einer unterlassenen Mängelrüge
Die Mängelrüge stellt weder in Deutschland noch in Österreich eine rechtliche Pflicht dar. Ihre gesetzlichen Regelungen besitzen Obliegenheitscharakter. Es steht also jedem frei, die Vorschriften dazu einzuhalten oder nicht. Im letzteren Fall verlieren Kaufleute und Unternehmen allerdings jeden Anspruch auf einen Schadensausgleich.
Für die gelieferten Waren wird dann automatisch ein vertragsgemäßer Zustand angenommen und die Lieferung gilt als akzeptiert oder genehmigt. Doch es gibt noch eine wichtige Ausnahme: die arglistige Täuschung mit dem Verschweigen von Mängeln.
Wurden Mängel arglistig verschwiegen, kommt es nicht auf eine wirkungsvolle Mängelrüge an. Käufer behalten hier weiterhin alle ihre Rechte auf Umtausch der Waren, Nacherfüllung oder einen Rücktritt vom Kaufvertrag.
Verspätete Mängelrügen
Verspätete Mängelrügen werden wie unterlassene Anzeigen behandelt. Von einer solchen Verspätung ist regelmäßig auszugehen, wenn die Rüge später als zwei Wochen oder 14 Tage nach Warenlieferung oder Kenntnisnahme versteckter Mängel erfolgt. Die jeweilige Warenbeschaffenheit führt unter Umständen zu kürzeren Fristen.
Zur Einhaltung genügt ein rechtzeitiges Absenden der Rüge. Wann sie den Empfänger erreicht oder wann der sie zur Kenntnis nimmt, ist nicht entscheidend für ihre Wirkung.
Mängelrügen bei internationalen Handelskäufen
Viele Unternehmen in Deutschland oder Österreich beziehen nicht nur von inländischen Lieferanten Waren, sondern kaufen überall am Weltmarkt ein. Hier gelten dann bei Mängeln meist die Regelungen der Lieferunternehmen oder individuelle Vereinbarungen. Im Hintergrund existiert aber außerdem das UN-Kaufrecht (CISG).
Es enthält ebenfalls Möglichkeiten zur Mängelrüge mit strengen Rügefristen. Hier gibt es den Unterschied zwischen
- einem Kauf frei bis Bestimmungsort oder -hafen und
- Käufen ex work.
Bei diesen sogenannten EXW-Käufen tragen Verkäufer ein Beschädigungsrisiko nur bis zur Übergabe an die Transporteure. Jetzt ist es ratsam, eventuelle Mängelanzeigen koordiniert an beide Parteien zu stellen. Insbesondere Beschädigungen auf dem Transportweg lassen sich in dieser Konstellation jedoch oftmals nur schwer nachweisen.
Im regelmäßigen Auslandsgeschäft empfehlen sich deswegen eher Rahmenverträge, die die Risiken von Warenbeschädigungen auf dem Transportweg sinnvoll einbeziehen und klar regeln.
Fazit zur Mängelrüge
Wollen sich Kaufleute und Unternehmen als Käufer im B2B-Geschäft Gewährleistungsansprüche bewahren, sollten sie die Regelungen zur Mängelrüge nicht nur als Empfehlung, sondern wie eine Verpflichtung betrachten. Das schützt vor teuren Verlusten.